Die Piratenpartei Nordrhein-Westfalen – wohin führt sie ihr Weg?

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Geht es nach dem Selbstverständnis der Piratenpartei NRW, hat man es dabei mit einer Bewegung zu tun, die sich weltweit als Ausfluss der Wissens- und Informationsgesellschaft formiert. Die Partei versteht sich also eher als programmatische Bürgerbewegung, denn als starr organisierte Partei. Seit 2007 hat das Land Nordrhein-Westfalen einen eigenen Landesverband der Piraten.

Bereits 2012 zog der noch junge Landesverband mit 20 Abgeordneten sehr erfolgreich in den nordrhein-westfälischen Landtag ein und galt als Vorzeigeverband der Piraten bundesweit. 2017 hat die Piratenpartei NRW den Einzug ins Landesparlament dann allerdings deutlich verfehlt. Es wurde etwas stiller um die NRW-Piraten. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Geschichte der Piratenpartei NRW und ihrer möglichen weiteren, perspektivischen Entwicklung.

Die Piraten in NRW – Programm und Organisation

Piraten verstehen sich allgemein als sozialliberale und demokratische politische Kräfte, das bringt auch die Piratenpartei NRW auf ihrer Webseite auf den Punkt. Die Piraten setzen diese Leitgedanken auch in ihrer innere Struktur um. Neben 20 Kreisverbänden, die dem Landesverband unterstehen, gibt es auch sogenannte Büropiraten. Diesen werden nach Wahl durch die Mitgliederversammlung durch den Landesvorstand verschiedene Aufgaben und Funktionen anvertraut.

Vor allem aber dienen sie als direkte Ansprechpartner für interessierte Bürger. Auch thematisch legt die Partei Wert auf eine sehr kleinteilige, direkte Verwaltung der politischen Arbeit. Man erarbeitet politische Positionen themenbezogen in spezifischen Arbeitskreisen. Die tägliche aktive, politische und organisatorische Arbeit wird von sogenannten Crews erledigt, kleinen Gruppen, die mindestens drei Mitglieder haben.

Außerdem beschäftigen sich mehr als 10 Arbeitsgruppen mit permanenten Aufgaben, die nicht als Bestandteil innerparteilicher Willensbildung angesehen werden. Hier geht es etwa um die Betreuung von Medien der Partei wie Forum, Wiki und Mailinglisten. In den Arbeitsgruppen werden auch Flyer und Pressemitteilungen erstellt. Schließlich befassen sich Projektgruppen mit zeitgebundenen Projektarbeiten.

Programmatisch setzen die Piraten in NRW den Leitgedanken einer modernen Demokratie um, der frei von ideologischen Zwängen einen Diskurs auf wissenschaftlicher Basis verfolgen soll. Die freiheitlichen Grundrechte stehen im Mittelpunkt des Interesses. Sie sollen vor staatlichen Eingriffen und wirtschaftlichen Beeinflussungen geschützt werden.

Leitprinzipien der Piratenpartei

Drei Leitprinzipien prägen das Verständnis der Piratenpartei NRW ganz besonders:

  • Freiheit
  • Unabhängigkeit
  • Selbstbestimmtheit.

Dementsprechend thematisiert das Grundsatzprogramm der Piratenpartei NRW Bereiche wie Bildung, Medienkompetenz, Geschlechtergleichheit, den Schutz des Privaten, Bürgerrechte, Datenschutz, Rechtssicherheit, Migration, Teilhabe, eine sinnvolle Energiepolitik und einen angemessenen Umgang mit dem Thema Drogen.

Es ist ein großes Anliegen der Piraten, Politik ein menschliches Antlitz zu verleihen.
Die Piraten wollen dabei Verantwortung übernehmen und haben ihre Kooperationsbereitschaft nach ihrem Einzug 2012 in den Landtag aus ihrer Sicht unter Beweis gestellt. Schließlich haben sie während ihrer Zeit im Landesparlament rund 900 kleine Anfragen und 350 Anträge gestellt sowie knapp 30 Gesetzesentwürfe vorgelegt. Einige ihrer Anregungen wurden später auch weiter verfolgt.

Die Piraten in NRW nehmen ihre politische Arbeit ernst.

Die politische Einschätzung der Piratenpartei NRW in Nordrhein-Westfalen

Viele Nicht-Piraten schätzen die Piratenpartei allgemein als Protestwähler-Partei ein und bezeichnen sie vielfach auch als Ein-Themen-Partei. Die Piratenpartei NRW hat diese Einschätzung mit ihrer engagierten Arbeit im Landtag zumindest teilweise widerlegen können. Als sie 2012 mit 20 Abgeordneten in den Landtag einziehen konnte, machten ihre Vertreter sie zu diesem Zeitpunkt zum erfolgreichsten Landesverband der gesamten Piratenpartei.

Wie viele junge Parteien hatten allerdings auch die nordrhein-westfälischen Piraten anfänglich mit organisatorischen Schwierigkeiten und inner-ideologischen Auseinandersetzungen zu kämpfen. Zwischenzeitlich musste die Partei eine Austrittswelle hinnehmen, weil einige Mitglieder die Richtung der Piraten in Nordrhein-Westfalen als nicht links genug verorteten.

Obwohl die Piraten in NRW bei der Wahl 2017 nur 1 Prozent der Stimmen erringen konnten, sehen sie sich für zukünftige Wahlen gut gerüstet und in ihrer inneren Struktur konsolidiert sowie gefestigt. Sie wollen politisch weiter mitreden und perspektivisch auch wieder in den Landtag einziehen.

Zahlen und Fakten zur Piratenpartei NRW

Im März 2018 hatte die Partei 3280 Mitglieder, von denen 1127 stimmberechtigt sind. Gegründet wurde die Partei in Essen. Ihr derzeitiger Vorsitzender ist seit 2017 Michele Marsching.

Was kann die Piratenpartei NRW zukünftig im Land bewirken

Die Piratenpartei ist allgemein im Kontext einer sich ständig verändernden und zunehmend digitalisierten Welt entstanden. Die Vorgaben und Folgen der Digitalisierung beschäftigen viele Menschen, ebenso wie die vielen technischen sowie politischen Veränderungen, die mit ihr einhergehen. Es ist ein Verdienst der Piraten, dass sie auf die Gefahren insbesondere auch für die Freiheitsrechte der Menschen aufmerksam machen, die mit der zunehmenden Digitalisierung und Technisierung weiter Lebensbereiche verbunden sind. Gleichermaßen sind sie auch Mahner in der Weise, dass es allen Menschen möglich sein muss, an den Errungenschaften zukunftsträchtiger technischer Entwicklungen teilzuhaben.

Tendenziell greifen die Piraten allgemein und speziell die Piratenpartei NRW dabei viele wichtige Themen auf, die die Politik jetzt und in Zukunft beschäftigen müssen und auch schon beschäftigen. Beispielsweise haben die Piraten von Anfang an ihren Fokus auf den Datenschutz gesetzt, dessen Bedeutung sogar auf EU-Ebene erkannt und mit der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung gesetzlich ausformuliert worden ist.

Wenn es der Piratenpartei NRW noch stärker gelingen kann, ihre programmatischen Grundsätze in praktische politische Arbeit einfließen zu lassen, kann sie auch zukünftig viele Themen aufgreifen, die die Menschen umtreiben. Sie bildet mit ihrer freien und diskursiven Organisationsstruktur auch einen angenehmen, erfrischenden Gegenpol zu aktuellen politischen Gruppierungen wie der AFD.

Mögliche Veränderungen

Gerade die Piratenpartei NRW hat außerdem ein weiteres Zeichen der Zeit schon vor längerer Zeit erkannt und setzt dieses auch um: Die ideologischen Grenzen zwischen Parteien sowie politischen Bewegungen werden immer ungenauer und sind weniger definiert gezogen. Die Piraten nehmen für sich in Anspruch, mit allen politischen Kräften, die an demokratischen Grundsätzen festhalten, kooperativ zusammen zu arbeiten. Damit geben die Piraten ein Vorbild für zukünftige Diskussions- und Kooperationsstrukturen in der Politik ab.

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Es wird in Zukunft immer weniger darauf ankommen, welche politische Richtung grundsätzlich vertreten wird. Eine erfolgreiche Politik und Führung des Landes Nordrhein-Westfalen muss sich vor allem mit der Bewältigung von Sachthemen bewähren. Hier könnte die Piratenpartei NRW eine wichtige Rolle spielen, wenn sie jetzt gereifter und mit den Erfahrungen im Landtag gewachsen, ihre politische Arbeit konsequent fortführt.

Sie könnte eine große Bereicherung für zukünftige Landtage im Land Nordrhein-Westfalen sein und einen besonders toleranten Gegenpol zu erstarkenden, extremen sowie autoritären politischen Strömungen bilden. Das letzte Wort hat hier der Wähler. Deshalb muss es der Piratenpartei NRW zunächst darum gehen, außerparlamentarisch eine überzeugende politische Agenda zu vertreten.

Die Zukunft der Piratenpartei

Der derzeitige Vorsitzende der Piratenpartei NRW ist dabei durchaus optimistisch.
Er erklärte 2017 kurz vor der Landtagswahl, dass er davon ausgehe, selbst bei einer Niederlage in der anstehenden Wahl irgendwann wieder in den Landtag einziehen zu können. Es wird also interessant sein, die Piratenpartei NRW weiter im Auge zu behalten.

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